Präsident des LandBauTechnik Bundesverbandes Ulf Kopplin: „Es muss jetzt etwas passieren!“
Ulf Kopplin – Präsident des LandBauTechnik-Bundesverbandes – fordert Landtechnik-Hersteller anlässlich der Krise in einem offenen Präsidentenbrief zum konstruktiven Dialog auf.
Es kommt nicht alle Tage vor, dass Ulf Kopplin – der Präsident des LandBauTechnik-Bundesverbandes – einen offenen Präsidentenbrief verfasst und veröffentlicht. Zu diesem starken Mittel der öffentlichen Kommunikation greift der Präsident des LandBauTechnik-Bundesverbandes nur wohldosiert und zu Anlässen, von denen er eine starke Wirkung auf und Folgen für die Landtechnikbranche und im speziellen den Landtechnik-Fachhandel erwartet.
Krise gemeinsam überstehen
Die Folgen des brutalen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine auf menschlicher, politischer und auch wirtschaftlicher Ebene und die Nachwehen der Pandemie nimmt Ulf Kopplin als Präsident des LandBauTechnik-Bundesverbandes zum Anlass, in Form des offenen Präsidentenbriefes auf die sich stetig verschlechternde Situation der Landtechnikfachhändler hinzuweisen und die Landtechnik-Hersteller für ein gemeinsames Überstehen der Krise in die Pflicht zu nehmen. „Es muss jetzt etwas passieren!“, lautet die eindringliche Aufforderung von Ulf Kopplin als Präsident des LandBauTechnik-Bundesverbandes in Richtung der Landtechnik-Hersteller. Schließlich verstärke sich das Missverhältnis zwischen den Erfolgsmeldungen der Hersteller und den Bilanzen der Landtechnik-Fachhändler auch durch die Krise immer schneller, so Ulf Kopplin, der Präsident des LandBauTechnik-Bundesverbandes.
Der Brief des Präsidenten des LandBauTechnik-Bundesverbandes im Wortlaut:
„Jetzt zählt es zusammen zu halten!“
Zur Situation der LandBauTechnik-Branche vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs
Präsidentenbrief von Ulf Kopplin
Die Bilder, die aus den Krisenregionen in der Ukraine, insbesondere aus den stark umkämpften Städten Mariupol und Kiew, zu uns durchdringen sind nur schwer zu ertragen und noch schwerer ist es, das Leid der Menschen in Worte zu fassen. Der LandBauTechnik Bundesverband verurteilt die Gräueltaten des brutalen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine vehement und fordert eine friedliche Lösung, die den Menschen Sicherheit und Wohlergehen zurückgibt.
Die Covid19-Pandemie stellt uns schon seit Längerem auf die Probe. Noch ist nicht abzusehen, welche langfristigen Folgen des Kriegs gegen die Ukraine und die Pandemie auf unser Leben haben werden. Eines ist jedoch sicher, unsere Welt ist nicht die, die sie es vor wenigen Wochen, Monaten und auch Jahren noch war.
Der LandBauTechnik Bundesverband hofft weiterhin auf die Solidarität der Gemeinschaft, so wie es sich bereits in vielen Situationen gezeigt hat. Sei es bei der enormen Spendenbereitschaft oder der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine, die alles verloren haben und hier mit warmen Essen und offenem Herzen auf-genommen werden. Nicht nur die EU und die NATO werden auf Dauer weiter zusammenrücken müssen, wie auch ganz Europa, das gilt ebenso im Kleinen. Familien, die Geflüchtete aufnehmen rücken zusammen und auch unsere Branche hat in den vergangenen Jahren immer Stärke im Gemeinsamen bewiesen. Wenn wir auch hier Brücken bauen, gemeinsam anpacken und zusammenstehen, werden wir gestärkt aus dieser Situation hervorgehen.
Wie wirkt sich das alles auf unsere Branche momentan aus?
Die wirtschaftliche Situation wird für den Handel und den Service zunehmend schwierig: landauf, landab ist die Liefersituation in den gut 6.000 Fachbetrieben, die sich allein in Deutschland mit Vertrieb und Service von Landmaschinen, aber auch Baumaschinen, Motorgeräten, Flurfördertechnik oder Innenwirtschaft befassen, kritisch. Auf der anderen Seite sind die Auftragsbücher unserer Lieferanten voll, ihre Ergebnisse aus einem schon von Knappheiten gezeichneten Jahr 2021 exzellent, die Kostenexplosion jedoch unerwartet, kaum zu stemmen und ein Ende noch nicht in Sicht.
Die Erwartungen unserer Mitgliedsunternehmen an 2022 und 2023 waren bis Ende Februar zwar getrübt, dennoch aber nicht negativ. Das hat sich angesichts des Überfalls Russlands auf die Ukraine weiter verschlechtert. Die Unwägbarkeiten sind die folgenden:
Eine hohe Inflation und Abschwächung der Konjunktur, ein Nachlassen der Investitionsbereitschaft
Die verspäteten oder langfristig verzögerten Lieferungen von Maschinen und der unterbrochenen Lieferketten bei Komponenten weltweit,
Die bereits erfolgten und noch zu erwartenden mehrfachen Preiserhöhungen der Industrie, die eine Planbarkeit für den Handel erschweren, ja unmöglich machen,
Die gestiegenen Kostenbelastungen für den Service, die nicht immer durch kostendeckende Entschädigungen der Hersteller für Gewährleistungsaufwendungen kompensiert werden,
Hohe Kostensteigerungen insbesondere im Energiebereich bis zu stark steigenden Lohnforderungen
Die nicht näher bekannten möglichen Belastungen von gerade kleinen und mittleren Unternehmen mit eventuell. steigenden Abgabenlasten durch neue politische Vorhaben
Ein vorweggenommener Zinsanstieg im Langfristbereich. Durch die hohe Inflation muss die EZB bald reagieren und dann steigen auch die Zinsen im kurzfristigen Bereich. Eine Verteuerung von Investitionen und Lagerhaltung wird die Folge sein. Die EU-Taxonomie, die in Brüssel gerade verabschiedet wurde, wird es den Banken schwerer machen uns Geld zu vernünftigen Konditionen zur Verfügung zu stellen.
Es sind Krisenzeiten. Einige Hersteller sehen sich sogar zur Abgabe von Tagespreisen oder rückwirkenden Preisanpassungen auch auf endverkaufte Maschinen veranlasst, die für uns und unsere Kunden allerdings nicht umsetzbar sind. Diese nachträglichen Preissteigerungen auf endverkaufte Produkte sind in Deutschland auch nicht rechtskonform. Hier hat unser Verband auch schon einige Erfolge bei dem einen oder anderen Hersteller durchsetzen können. Für uns ergibt sich somit eine vollkommen neue Situation: Die Lieferverzögerungen haben ein so hohes Aus-maß, dass wir heute nicht wissen, wann eine bestellte Maschine jemals ankommt. Dazu kommt, dass wir im Unklaren sind, was sie dann kosten wird. Das halten wir für schlichtweg inakzeptabel.
Vor diesem Hintergrund schauen wir mit einem skeptischen Blick auf den Moment, an dem, wenn auch verspätet, die zu erwartenden umfangreichen Lagerbestellungen auf dem Hof ankommen. Hier hat so mancher Kollege, auch bewusst von vielen Lieferanten gewünscht, viel mehr bestellt als in normalen Zeiten – was sollte er auch anderes tun?
Vor dem Hintergrund der steigenden Inflation und politischer Unwägbarkeiten – ein für unsere Kunden unkalkulierbarem Umfeld – müssen wir damit rechnen, dass sich das Kaufverhalten ändern wird. Ein möglicher Warenüberhang im Jahr 2023 droht und heraus könnte ein Absatzdruck und danach ein Margenverlust entstehen. Das stellt vor dem Hintergrund gestiegener Zinsen eine Katastrophe dar.
Ist es die richtige Strategie nun offene Lagerbestellungen beim Hersteller zu stornieren? Finanzplanungs-möglichkeiten und die Bilanzkennzahlen des Handels könnten unverschuldet in den Keller rauschen. Auch hier erwarten wir von unseren Herstellern entscheidende Rückendeckung, z. B. durch eigene Programme und Absatzförderinstrumente und oder bei anstehenden teureren Lagerfinanzierungen.
Wir Fachbetriebe sehen uns als Unternehmer, in Verantwortung für Kunden, Mitarbeitende und deren Familien. Und daher lehnen wir jede einseitige Risikoüberwälzung allein auf uns ab. Wir sind der verlängerte Arm der Industrie in Sachen Vertrieb und vor allem Service beim Kunden.
Wenn Sie nicht wollen, dass uns all diese Negativtrends über kurz oder lang erdrücken, wenn Sie wollen, dass wir weiter mit Ihnen zusammen-arbeiten, dann müssen Sie, unsere Lieferanten, mit ins Boot. Wir bitten Sie, rücken Sie mit uns zusammen! Sie müssen sich nur einmal gedanklich auf unseren Stuhl setzen und durch unsere Brille, die des Landmaschinenfachbetriebes, in die Zukunft schauen. Überdenken Sie Ihre Konditionen in jedem Bereich. Wir sind immer an einer einvernehmlichen Lösung interessiert und erreichen diese z.B. in unseren Fabrikatsvereinigungen.
Forderungen:
1. Garantiekonditionen vor dem Hintergrund von stetig steigenden Löhnen, Energiekosten und Zinsen können und dürfen nicht mehr bei 50,00 Euro pro Stunde oder gar darunter liegen. Das ist nicht mehr akzeptabel. Eine Orientierung am externen Stundenverrechnungssatz sollte das Normale sein.
2. Es darf nicht sein, dass Preise auf bereits endverkaufte Produkte nachträglich erhöht werden. Dies geht zu Lasten des Fachbetriebes und ist nicht hinnehmbar.
3. Wir machen für die Industrie die Lagerhaltung an Maschinen und Ersatzteilen unterstützen Sie ihren Fachhändler bei der Finanzierung.
Wir freuen uns, mit Ihnen in den Dialog zu treten. Kommen Sie auf uns zu bei Fragen. Wir unterstützen Sie mit unseren Experten im Bundesverband aber auch in den Ländern und Innungen.
Schönberg und Essen, 22. April 2022
Ulf Kopplin Präsident
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