Professor Franz-Josef Radermacher (Mitte) mit Ulf Kopplin

Klima, Energie und Technik: Was bringt die Zukunft?

Am Thema Klimawandel kommt man diesenTagen kaum vorbei. So drehten sich die beiden Vorträge am Donnerstagvormittag auf den Landtechnischen Unternehmertagen um die Energieversorgung der Zukunft und die Möglichkeit einer Energiewende in Deutschland und zukünftige Technik in der Landwirtschaft.

LTU Vortrag Radermacher|copyright: Redaktion AGRARTECHNIK

Professor Dr. Dr. Franz-Josef Radermacher ist Vorstand des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW/n) in Ulm, Mitglied im Club of Rome und zählt zu den geistigen Vätern des Global Marshall Plans. Auf den LTU warf der Informatiker, Wirtschaftswissenschaftler und Globalisierungsgestalter unter dem Titel „Energie, Ernährung, Klima – Was kommt auf uns zu?“ einen Blick in die Zukunft. Eine zentrale Schlüsselfrage für eine lebenswerte Zukunft der Menschheit – so seine These – bilde  die Energie- und die Klimafrage. Beides sei eng mit der nach wie vor massiven Bevölkerungsexplosion, vor allem auf dem indischen Subkontinent und in Afrika, verknüpft. Professor Radermacher ging den Fragen nach, ob entsprechende Energiepotenziale zukünftig in einer Welt mit zehn Milliarden Menschen in ausreichendem Umfang zu vernünftigen Kosten überall verfügbar sind und ob sich das mit dem Ziel einer Dekarbonisierung vertrage. In Anbetracht dessen, wie sich bei einer Elektrifizierung Afrikas der CO2-Ausstoß des Landes erhöhe, erklärte Professor Radermacher: „Womit wir uns derzeit in Deutschland beschäftigen, ist irrelevant.“ Er kritisierte, dass dagegen Kompensationen, die einen CO2-Ausstoß in Afrika vermindern wollen, als „Ablasshandel“ bezeichnet würden. Der Wirtschaftswissenschaftler betonte, dass die aktuell von vielen als Lösung gesehene Elektrifizierung etwa des Verkehrs („all electric“) keine Lösung sei. Auch der „Green new deal“ auf europäischer Ebene sehe im Wesentlichen „all electric“ als Lösung. Nur ein gemeinsames globales Vorgehen sei sinnvoll.

Als eine technische Lösung stellte Professor Radermacher synthetische Kraftstoffe dar. Zudem ging er auf die Rolle von „nature based solutions“ ein. Diese betreffe massiv Ernährungsfragen, etwa Humusbildung in der Landwirtschaft und Agroforest im Bereich Aufforstung. „Die größte Chance für Europa ist Afrika“, erklärte Professor Radermacher. In den Wüsten könnten Solaranlagen Potenzial bieten oder Humusbildung das Praktizieren von Landwirtschaft ermöglichen. Um diese Entwicklung zu unterstützen, rief Professor Radermacher auf die Allianz für Entwicklung und Klima des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu unterstützen.

Für seinen Vortrag, der zwischendurch auch einige Lacher erntete, erhielt von den zahlreichen Zuhörern zum Abschluss viel Applaus.

LTU - Vortrag Herlitzius|copyright: Redaktion AGRARTECHNIK

Im Anschluss sprach Professor Thomas Herlitzius zum Thema „Nachhaltigkeit und Klimawandel“. Der Redner ist Inhaber der Professur für Agrarsystemtechnik und Direktor des neugegründeten Instituts für Naturstofftechnik an der Technischen Fakultät Dresden. Er erläuterte, dass Klimawandel, Nachhaltigkeit und Digitalisierung Herausforderungen darstellten, die eine grundlegende Neugestaltung der Wertschöpfungsketten erforderten – aber auch ermöglichten. Bisher sei in der technischen Entwicklung der Klimawandel kaum berücksichtigt worden. Die Landwirte bewege vor allem die Frage, wie man Produktivität steigern und Verfahrenskosten reduzieren könnte. 

In der technischen Entwicklung stoße man inzwischen an Wachstumsgrenzen bei Größe und Gewicht. Professor Herlitzius gab zu bedenken, wie es weitergehen solle, wenn Maschinenkonzepte an ihre Wachstumsgrenzen angelangt sind. Durch größere Funktionsdichte und die Nutzung von Funktionswerkstoffen könne man Gewicht einsparen, die Herstellungskosten würden sich dadruch aber um das 1,5- bis 2-fache erhöhen. Gegenläufiger Trend sei die Automatisierung, bei der kleinere, aber dafür viele Maschinen verwendet werden. „Automatisierung erzeugt Produktivität und Qualität“, erklärte Professor Herlitzius. Bei den aktuellen Farmmanagementsystemen sei jedoch noch zu beobachten, dass es viele Inselsysteme gebe. Nötig sei hier, dass sie verknüpft und anwenderfreundlich gestaltet würden. Technologieanbieter und Dienstleister seien gefordert, den Landwirten nicht nur Digitalkompetenz zu bieten, sondern auch unterstützende Kompetenz in Pflanzenbau und Betriebswirtschaft.

Immer wieder betonte Professor Herlitzius, dass in der Wertschöpfungskette für eine nachhaltige Landwirtschaft auch bei den Landwirten etwas ankommen müsse. Für seinen Vortrag erhielt er ebenfalls viel Applaus.

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