Forstmulcher und -fräsen: Unterschiede zur Agrar-Technik
Im Forst haben Mulcher und Fräsen andere Anforderungen zu erfüllen, als in der Landwirtschaft. Wir haben nachgefragt.
In der Januar-Ausgabe der AGRARTECHNIK nehmen wir unter anderem den Markt für Forstmulcher und -fräsen unter die Lupe. Dabei haben wir die Hersteller und Importeure auch über die Unterschiede befragt, die zwischen ihren Modellen im Forsteinsatz“ zu ihren „normalen“ Anbaumulchern sowie „normalen“ Bodenfräsen (für die Landwirtschaft und der Landschaftspflege) bestehen.
In den Antworten wurde durchaus deutlich, dass es sich in vielerlei Hinsicht um unterschiedliche Maschinen handelt. Dies betrifft – neben der Rotordrehrichtung – auch die Anordnung, die Art und die Ausprägung der Werkzeuge sowie das Material und die Ausprägung der Gehäuse und Wellen.
Rotordrehrichtung umgekehrt
So erläuterte Jeroen Huijsmans (Geschäftsführer der JJ. Dabekausen B.V): „Es wäre ein Fehler, eine Forstmaschine nur als erwachsene beziehungsweise weiterentwickelte oder verstärkte landwirtschaftliche Maschine zu betrachten. Auch das Arbeitsprinzip ist anders. Wo die landwirtschaftlichen Maschinen das Gras schneiden oder Schnitte – bis zu einem Durchmesser von etwa zwölf Zentimeter – zerkleinern, müssen Forstmaschinen Holz mulchen. Für die Rotorteile, Hämmer, die Rotorwand, die Lager und das Gehäuse ist das extrem anspruchsvoll, sowie als auch für das Gehäuse, das Getriebe und alle Antriebskomponenten.
Darüber hinaus unterscheidet sich die Arbeitsweise der Forstmulcher vom landwirtschaftlichen Einsatz. Forstmulcher bearbeiten das Holz mit den Hämmern nach unten – wir nennen das bergab mähen. Währenddessen arbeiten die landwirtschaftlichen Schlegelmulcher nach oben, da sie von unten ‚schneiden‘ sollen und das Material durch die Haube nach oben mitnehmen und somit zerkleinern. Das nennen wir bergauf mähen.
Es gibt verschiedene Arten von Rotoren, von den festen Hämmern für Baumstümpfe bis zu den um 360 Grad schwingenden Hämmern. Auf der Agritechnica 2019 haben wir das Konzept ‚offener Rotor‘ vorgestellt, das sich bei unseren Kunden als sehr erfolgreich erwiesen hat, insbesondere bei den hydraulischen Mulchköpfen der KXS-Baureihe, die mit einem hochwertigen Kolbenmotor ausgestattet sind.“
Aus Sicht von Stanka Jurečič (Verkaufsleiterin bei der slowenischen Ino Brezice d.o.o.) unterscheiden sich Ino Brezice-Forstmulcher von landwirtschaftlichen Mulchern in folgenden Merkmalen. So besitzen die Forstmaschinen ein robustes Getriebe mit integriertem Freilauf. Dann gäbe es zwei Rotor-Typen: Bei Typ 1 können sich die Hämmer um 360 Grad um die eigene Achse drehen und würden bei übermäßiger Kraft in den Rotor „gezogen“. Bei Typ 2 sind die Hämmer im Rotor fixiert und ermöglichen Arbeiten bis zu zirka zehn Zentimeter unter der Oberfläche. Die Forstmaschinen würden zudem einen starken Stahlrahmen mit Doppelgehäuse besitzen. Einige Teile sind aus verschleißfestem Hardox-Blech. Zudem sind sind austauschbare Gegenschneiden – zum besseren Zerkleinern von Holz – in zwei Reihen im Inneren des Gehäuses angebracht. Die speziellen Hämmer besitzen zudem eine verstärkte und verschleißfeste Wolfram Carbid-Spitze. Zudem bietet das Unternehmen mittlerweile eine Vibrationskontrolle. Dieser Sensor ist an das Gehäuse der Maschine angebracht und kontrolliert die Vibrationen. Damit sollen Fehler schneller erkannt werden.
Mulcher an Raupenträgerfahrzeugen
Auch Andreas Lang (Marketing & Öffentlichkeitsarbeit bei der Maschinenfabrik Bermatingen GmbH & Co. KG) nannte zum Thema die unterschiedliche Drehrichtung des Rotors. Durch die Bewegung nach unten „können Baumstümpfe und mehrjähriger Aufwuchs, egal in welchem Durchmesser, abgefräst werden. Forstmulcher oder Forstfräsen arbeiten auch leicht negativ in der Erde, sodass die Mulchmasse mit Erde vermischt wird. Dies fördert die Verrottung des hohen Holzanteils. Forstmulcher und Forstfräsen arbeiten meist auch mit festen Messern an der Rotorwelle. Normale Mulchgeräte haben hier bewegliche Schlegel.“
Michel van Wees (Geschäftsführer der Prinoth GmbH) berichtete: „Das Hauptthema im Forst ist ein Rotor mit festen Werkzeugen. Außerdem ist der Gesamtbau der Forstmulcher und -fräsen viel robuster. Des Weiteren werden in der Landwirtschaft vor allem Mulcher und Fräsen an den vorhandenen Traktor angebaut. Im Forst laufen auch Mulcher an Raupenträgerfahrzeugen von 200 bis 640 PS sehr gut, da sie einen geringeren Bodendruck aufweisen und Raupen im Gegensatz zu Rädern nicht stecken bleiben können.“
PTH Forstmaschinen, so Dieter Grossenberger (Leitung Marketing, Vertrieb und Produktmanagement bei der PTH Products Maschinenbau GmbH) stammen ursprünglich von den PTH Steinbrechern ab, welche für den schweren Einsatz im Baubereich konzipiert seien. „Die Unterschiede liegen daher in der massiven Bauweise der PTH ECO Crusher, wo gerne mal Hardox anstelle von normalen Stahl verbaut wird und generell alle Bauteile wie Lager oder Getriebe stärker ausgeführt sind. Der Unterschied zu normalen Mulchern ist die Rotor & Schneidwerkzeug-Geometrie, welche speziell für den Forst und dem Einsatz in Holz, Erde und Stein entwickelt wurde. Wo ein normaler Mulcher mit frei schwingenden Schlegeln längst an seine Grenzen stößt, kommt ein PTH Crusher erst so richtig auf Touren. Eiche oder Granit spielt dabei keine Rolle. Unterschiedliche Getriebeübersetzungen sorgen dabei stets für die ideale Rotordrehzahl.“
Viel Hartmetall im Einsatz
Aus Sicht von Adrian Lenz (Vertriebsleiter Deutschland bei der Schültke-Ufkes Greentec GmbH) unterscheiden sich Forst- von Grünflächenmulcher insbesondere in den verbauten Werkzeugen. „Ufkes Greentec setzt bereits bei den kleineren Baggeranbaumulchern vom Typ 1300 und Typ 1500 auf feste Meißel mit Widia-Bestückung, die einen Splittingeffekt erzeugen und somit für ein besseres Arbeitsergebnis bei gleichzeitig reduziertem Kraftstoffverbrauch sorgen.“ Weitere Details liegen unter anderem in der kompakteren Bauweise durch den integrierten Antrieb und dem überdimensionierten Antriebsstrang. Adrian Lenz erklärt weiter: „Auch die Picursa-Modelle sind – anders als ihre ‚Kollegen‘ aus der Grünflächenpflege – mit festen anstatt mit losen Meißeln ausgestattet, die ebenfalls hartmetallbestückt sind. Natürlich sind für alle Picursa-Modelle Drückevorrichtungen verfügbar, die es im landwirtschaftlichen Bereich ebensowenig gibt, wie die optional erhältlichen hydraulisch betätigten Aufreißer. Generell gilt, dass Forstmulcher einer deutlich höheren Belastung ausgesetzt sind, als Mulcher in der Grünlandpflege, weshalb höchste Materialgüten und die Verwendung qualitativ hochwertiger Komponenten die Basis für ein langes Anbaugeräteleben darstellen.“
Oliver Jungermann (Marketing und Public Relations bei der der Vogt GmbH & Co. KG) erklärte: „Unsere Dragone-Forstmulcher sind mit einer durchgehenden, innenliegenden Rotorachse ausgestattet. Während gewöhnliche Mulcher nur mit einfachen Wellenstummeln seitlich gelagert sind, wird der Dragone-Forstmulcher über die gesamte Rotorlänge abgestützt. Stützteller – mit Rotorachse und Rotor – gewährleisten eine zusätzliche Abriss-Sicherung. Auch massive Fremdkörper führen somit nicht direkt zur Rotorunwucht.“
Zudem sei das Mulchgehäuse im Forsteinsatz extremen Belastungen durch Steinschläge, Fremdkörper, Materialflug ausgesetzt. „Deshalb verbaut Dragone hochfesten Konstruktionsstahl aus Hardox und Strenx S700, um bei gleichem Materialgewicht eine deutliche höhere Zug- und Streckfestigkeit zu erreichen.“