Agravis legt Priorität auf Versorgungsauftrag
Der Agravis-Konzern ist erfolgreich in das Geschäftsjahr 2022 gestartet. Nach den ersten vier Monaten wurde ein Umsatz von 2,94 Mlliarden Euro erreicht, und das Ergebnis vor Steuern liegt aktuell bei 7,7 Millionen Euro. Angesichts einer anhaltenden Preishausse bei Agrarrohstoffen, Dünger, Energie und vielen weiteren Produkten passte der Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Köckler in der virtuellen Hauptversammlung des Agrarhandels- und Dienstleistungsunternehmens die Erwartungen mit Blick auf das gesamte Geschäftsjahr an. Demnach rechnet der Agravis-Konzern bis Ende 2022 nun mit einem Umsatz von 7,3 Milliarden Euro (bisher 6,8 Milliarden Euro) und einem Ergebnis vor Steuern auf Höhe des Niveaus von 2021, als 33,2 Millionen Euro erreicht wurden. Bisher war man von 31,1 Millionen Euro ausgegangen.
„Wir hatten im November 2021 – also weit vor den gerade marktprägenden Ereignissen – bewusst konservativ geplant“, erklärte Dr. Köckler und hob dabei auf den Krieg in der Ukraine ab, der seit dem 24. Februar über Nacht alles verändert hat. „Unsere Gedanken sind in diesen Tagen vor allem bei den Menschen, die Angst um ihr Leben haben, Hab und Gut verlieren oder in der Sehnsucht nach Frieden auf der Flucht sind“, sagte der Vorstandschef. „Die kriegerischen Auseinandersetzungen haben fundamentale Auswirkungen auf unser Geschäft und auch auf die Struktur der heimischen Landwirtschaft. In diesen Zeiten ist es unsere Aufgabe, mit für Ernährungssicherheit zu sorgen. Diese ist neben der freiheitlich-rechtlichen Grundordnung, der Sicherheit durch Verteidigung, der Energieversorgung ein elementarer, systemrelevanter Grundpfeiler unserer Gesellschaft“, unterstrich Dr. Köckler.
Aktuell seien die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine für den Agrarhandel und damit auch für den Agravis-Konzern weiterhin beherrschbar. „Sie sind aber dennoch maximal fordernd angesichts stark steigender Preise, knapper Verfügbarkeiten und volatiler Marktverläufe.“ Als systemrelevantes Unternehmen komme die Agravis ihrem Versorgungsauftrag gegenwärtig vollumfänglich nach. Aufgrund abgeschlossener Kontrakte und Vorverkäufe mit der Industrie und der Landwirtschaft sei die Versorgung mit Betriebsmitteln für die nächsten Monate sichergestellt. Das gelte auch für die Rohkomponenten, die für die Futtermittelherstellung benötigt werden.
Versorgungslage verschärft sich
Aber, so fügte Dr. Dirk Köckler einschränkend hinzu: „Produktzusagen wie Gentechnikfreiheit oder Bio sind nicht für das Gesamtsortiment aufrechtzuerhalten.“ Ursache hierfür seien fehlende Mengen beispielsweise an Bio-Soja und Rapssaat aus der Ukraine. Angesichts der Produktionsausfälle in der Ukraine werde sich die Versorgungslage verschärfen. „Wir bieten der Bundesregierung und weiteren Entscheidungsträgern deshalb den konstruktiven Austausch zur Gestaltung der Lagerhaltung, Exportpolitik und dem Umgang mit Produktionsverfahren an. Wir sind zuversichtlich, dass wir hier mit unserer Expertise zu einer realistische Neueinschätzung und Bewertung der Lage kommen.“
Die aktuelle Situation verlange eine neue Priorisierung. Die Versorgungssicherheit habe absoluten Vorrang. Dennoch betonte der Vorstandsvorsitzende mit Blick auf den Klimawandel: „Deshalb stellen wir die Transformation der Landwirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz bei einem gleichzeitigen fairen Interessenausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie nicht infrage.“ Die enormen Preisrisiken in Verbindung mit engen Versorgungsbilanzen richteten deshalb das Scheinwerferlicht noch ein bisschen intensiver als ohnehin schon auf das Thema Nachhaltigkeit. Als Beispiele für markttaugliche, ganzheitliche Konzepte, die die Agravis ihren Kunden und Kundinnen biete, nannte er das MX-Konzept für Rinderfutter, das zu einer deutlichen Methanreduktion führe, und den Einsatz von Feldrobotik. Hier starte in diesem Jahr der Vertrieb von zwei Maschinen im Zusammenspiel der Bereiche Landtechnik, Pflanzenbau und Digitalisierung. „Wir denken voraus und suchen aktiv nach Lösungen für unsere Kundschaft, gemeinsam mit innovativen Entwicklern und Herstellern. Auch das verstehen wir unter ‚Gemeinsam stark‘“, führte Dr. Köckler aus.
Alternative Energien
Angesichts der galoppierenden Energiepreise arbeitet der Agravis-Konzern in zunehmendem Maße auch an Alternativen zu fossiler Energie. „Biomethan für den Kraftfahrzeugmarkt steht ebenso auf unserer Agenda wie die CO2-Neutralität unserer Standorte“, informierte der Vorstandsvorsitzende. Erste Schritte seien gemacht: CO2-Bilanzen für die Futtermittelstandorte würden erstellt, um konkrete Handlungsansätze für Produktion, Sortiment und Logistik zu bekommen. An verschiedenen Agravis-Standorten werde eigener Solarstrom produziert, der größtenteils selbst genutzt wird. An weiteren seien Photovoltaik-Anlagen in Bau. Darüber hinaus erhalten 312 Standorte bilanziell grünen Strom.
Der Agravis ist laut Köckler bewusst, dass die enormen Preisvolatilitäten Chance und Risiko gleichermaßen bedeuten. Die hohe Inflation aus dem vergangenen Jahr werde so schnell nicht wieder verschwinden, wie die jüngste Preisentwicklung im März und April nochmal deutlich zeigte. Dazu kämen fragile Lieferketten und anhaltend hohe Frachtkosten in der Logistik. „Wir stellen uns dieser Situation mit maximaler Fokussierung auf eine konsequente Kostendisziplin. Dies beschleunigt die Straffung von Strukturen und Prozessen und fordert die gleichzeitige konsequente Ausrichtung auf die Bedarfe unserer Kundinnen und Kunden.“
Aktionäre erhalten 4,5 Prozent Dividende
Die rund 6.000 Anteilseigner der Agravis Raiffeisen AG erhalten in diesem Jahr eine Dividende von 1,15 Euro je Aktie. Das entspricht einer attraktiven Dividendenrendite von 4,5 Prozent bezogen auf den rechnerischen Wert der Aktie in Höhe von 25,60 Euro. Mit diesem Beschluss folgte die Hauptversammlung einer Empfehlung von Vorstand und Aufsichtsrat.
Der Handelswert der Agravis-Aktie ist weiterhin sehr stabil. Er beträgt unverändert 61,50 Euro pro Aktie. Seit Gründung der Agravis Raiffeisen AG im Oktober 2004 ist der Wert der Aktie somit um 35,90 Euro oder rund 140 Prozent angestiegen.
Das gezeichnete Kapital der Agravis Raiffeisen AG betrug im zurückliegenden Geschäftsjahr wie bisher auch 205,5 Millionen Euro. Es ist in 8,03 Millionen vinkulierte Namensaktien eingeteilt. Der Vorstand kann mit Zustimmung des Aufsichtsrates das Grundkapital jedoch noch bis zum Jahr 2023 um maximal 12 Millionen Euro erhöhen. Diese Option hatte die Hauptversammlung im vergangenen Jahr ermöglicht.