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Torsten Dehner, Agco, zu den Auswirkungen der Corona-Krise

Nahezu jeder Bereich des Lebens in Deutschland – in Europa und weltweit – ist von den Auswirkungen von Covid-19 betroffen. Das gilt auch für die Landtechnikbranche. Wie sich ein weltweit agierender Konzern wie AGCO auf die Herausforderungen wie beispielsweise staatliche Werksschließungen, unterbrochene Lieferketten, Schutz der Mitarbeiter oder Sicherstellung der Ersatzteilversorgung einstellt, verrät Torsten Dehner, Senior Vice President und General Manager EME (Europa und Naher Osten) im Interview mit AGRARTECHNIK. Torsten Dehner verantwortet unter anderem die Marken Fendt, Massey Ferguson, Valtra und GSI im Bereich EME.

Torsten Dehner, Vice President Agco|copyright: Werkbild

AGRARTECHNIK: Was bedeutet die jetzige Situation für Ihre Hersteller-Händler-Beziehungen?

Torsten Dehner: Der Schlüssel, wie wir dieser sehr herausfordernden Situation begegnen, liegt für uns zum einen in einer offenen und lösungsorientierten Kommunikation nach innen und außen. Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir unseren Vertriebspartnern, aber auch den Endkunden und deren Bedürfnissen sehr gut zuhören und gemeinsam Lösungen für jedes aktuell auftretende Problem finden.

 

AGRARTECHNIK: Wie können Sie momentan die Handelspartner unterstützen?

Torsten Dehner: Wir setzen auf einen regelmäßigen und offenen Informationsaustauch mit unseren Vertriebspartnern über Telefon und digitale Kommunikationskanäle wie zum Beispiel unsere Onlineplattform Agco-Net oder unsere TecConnect-App im Bereich der Technical Services. Damit bleiben wir im engen Kontakt, lernen täglich voneinander und entwickeln vorausschauende Ideen gemeinsam mit unseren Vertriebspartnern, wie wir uns kontinuierlich und flexibel an die sich schnell ändernden Gegebenheiten anpassen können. Dabei geht es vordringlich darum, in Zeiten von Arbeiten aus Distanz und eingeschränkter Mobilität neue digitale Wege zu finden, wie wir die Kommunikation und Zusammenarbeit effektiv gestalten können. Weiterhin sind wir im aktiven Austausch mit unseren Vertriebspartnern und diskutieren, wie wir sie zum Beispiel in den Bereichen Ersatzteilversorgung, technischem Service, Maschinenverfügbarkeit und mehr in der jetzigen Situation bestmöglich unterstützen können.

Ersatzteilversorgung ist gesichert

Agco ET-Versand|copyright: Werkbild

AGRARTECHNIK: Wie reagieren Ihre Vertriebspartner auf die Situation?

Torsten Dehner: Es ist die Zeit der Frühjahrsbestellung. Die Werkstätten unserer Vertriebspartner passen sich kontinuierlich an die neuesten Vorgaben an und haben zum Beispiel kontaktlose Arbeitsplätze und Prozesse eingeführt. Gerade auf Betrieben mit Intensivkulturen wie Spargel, Hopfen, Obst oder Gemüse gibt es Engpässe mit Personal. Die Erntehelfer dürfen nicht oder nur eingeschränkt einreisen. Die Versorgung mit Ersatzteilen und der technische Kundendienst hat bei uns höchste Priorität. Das bestätigen uns auch unsere Vertriebspartner. Es gibt häufig Fragen, wann die bestellten Maschinen ausgeliefert werden können, damit die geplanten Arbeiten damit durchgeführt werden können. Wir stellen einen erhöhten Informations- und Kommunikationsbedarf auf allen Ebenen und in alle Richtungen fest. Wir haben deshalb Maßnahmen in die Wege geleitet, trotz des Arbeitens auf Distanz noch näher bei unseren Vertriebspartnern und Kunden zu sein.

 

AGRARTECHNIK: Sie mussten einzelne Produktionswerke schließen. Wie geht es mit der Ersatzteilversorgung weiter?

Torsten Dehner: Die Ausbreitung des Corona-Virus und die immer größeren Einschränkungen in der Zulieferkette führten dazu, dass Agco die Serienfertigung an den Traktorstandorten Beauvais, Marktoberdorf und Suolahti, im Mähdrescherwerk in Breganze und an den Standorten Waldstetten (Fendt Ladewagen) und Hohenmölsen (Spritzen und Häcksler)  aussetzen musste. Unsere Einkaufs- und Materialwirtschaftsteams arbeiten mit Hochdruck daran, das Hochlaufen der Zulieferkette zu planen und mit allen Lieferanten abzustimmen. Bezüglich der Ersatzteilversorgung und der Unterstützung unserer Vertriebspartner durch den technischen Kundendienst können wir unseren Vertriebspartnern und Kunden mitteilen: Alle unsere Ersatzteillager in Europa sind gegenwärtig geöffnet und liefern aus und sie sind teilweise auf Mehrschichtbetrieb und 24/7-Modus umgestellt. Außerdem haben wir das Team im Customer-Service verstärkt, um die Kundenbetreuung noch weiter zu verbessern und zu beschleunigen. Unser Technischer Kundendienst ist weiterhin per Telefon erreichbar und wir führen gerade ein neues digitales Videosystem ein. Außerdem werden wir im April unser Online-Trainingsangebot für die Mitarbeiter unserer Vertriebspartner kostenlos anbieten.

In Kontakt bleiben

Agco Kundendienst|copyright: Werkbild

AGRARTECHNIK: Wie schnell könnten Sie die Produktion wieder anfahren und auf Vor-Corona-Niveau bringen?

Torsten Dehner: Die Produktion in den Traktorenwerken und auch in Breganze könnten wir kurzfristig wieder anfahren, wenn die Zulieferketten stehen und die behördlichen Vorgaben in den Ländern es erlauben. Wir sind mit den Betriebsräten und unseren Mitarbeitern im ständigen Kontakt, um die Produktionsausfälle zumindest teilweise wieder ausgleichen zu können. Einen Termin können wir wegen der dynamischen Entwicklungen nicht nennen. Covid-19 beeinflusst die Zulieferketten und die Organisation bei den Zulieferern und auch bei uns selbst, weil wir den Schutz der Mitarbeiter in den Vordergrund stellen. Mehrere Gründe beeinflussen unsere Fertigung. Es ist ein vielschichtiges Bild mit einer neuen Situation bzgl. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Maßnahmen und Ausgangsbeschränkungen der verschiedenen Staaten, von denen auch Zulieferer der Landtechnik betroffen sind, Logistikverspätungen, geschlossenen Grenzen, Verfügbarkeit von Arbeitern bei Zulieferbetrieben wegen geschlossener Grenzen. Das alles müssen wir berücksichtigen.

 

AGRARTECHNIK: Wie bauen Sie die Kommunikation mit den Handelspartnern aus?

Torsten Dehner: Es bleiben die gleichen Menschen in Kontakt. Es reduziert sich leider momentan auf Telefongespräche und die digitalen Möglichkeiten wie beispielsweise Videokonferenzen. Die Wege der Kommunikation haben sich geändert. Wir machen uns Gedanken, wie wir unseren Vertriebspartnern weitere Informationsmöglichkeiten bereitstellen können. Unsere Vertriebs- und Technikschulungen sind schon seit längerer Zeit zum Teil auf Onlineportalen gelaufen. Das verstärken wir jetzt enorm. Wir bereiten neue Angebote vor. Denn der Informationsbedarf weltweit steigt rasant. Es zahlt sich jetzt aus, dass wir schon seit Jahren dabei sind, die digitalen Kommunikationswege auszubauen wie beispielsweise im Technical Service. Dort kann ein versierter AGCO Service Techniker über eine Bildübertragung sich das Problem anschauen und den Monteur vor Ort unterstützen. Über TecConnect stehen neben allen relevanten technischen Daten auch Informationen zu Fehlerbehebungen, Maschinen-Optimierungen sowie zu Ersatzteilen zur Verfügung und können jederzeit auch mobil von unseren Technikern und Vertriebspartner abgerufen werden. Die Ausweitung der Bereitstellung von Informationen für die Handelspartner und die Endkunden beschleunigen wir jetzt noch.

Lieferketten überdenken

Torsten Dehner (Agco) im Gespräch|copyright: Werkbild

AGRARTECHNIK: Welche Lerneffekte werden sich einstellen? Welche Konsequenzen werden Sie aus solch einer globalen Krise ziehen?

Torsten Dehner: Die ersten zwei Wochen in denen man mehr miteinander telefoniert, werden noch nicht zu gravierenden Lerneffekten führen. Aber ich erwarte, dass sich die Entwicklung in Richtung einer  „Omni-Communication-Channel-Zukunft“ beschleunigt. Wir werden sehen wie sich persönliche Gespräche am Tisch mit Online-Konferenzen und Informationsbereitstellung über digitale Plattformen ergänzen. Das beste aus beiden Welten. Zurzeit müssen persönliche Gespräche zwangsweise leider entfallen. Die Zukunft wird eine Kombination von beiden Seiten sein. Die Bereitstellung der digitalen Möglichkeiten wird sicher aufgrund der aktuellen Situation beschleunigt und es ist diesbezüglich sicher von Vorteil, dass wir bei der Entwicklung in unserer Digital Customer Experience (DCX) Initiative entsprechend weit vorangeschritten sind .

 

AGRARTECHNIK:Werden Sie über veränderte Zulieferketten nachdenken?

Torsten Dehner: Die Anpassungsfähigkeit der Netzwerke ist die Herausforderung dieser Zeit. Kommunikation und Vernetzung sowie kreative Lösungen finden, um sich an die jeweilige Situation anzupassen. Natürlich müssen wir uns als Antwort auf diese globale Pandemie auch Gedanken um die künftige Ausgestaltung unserer internationalen Lieferketten machen. Wir sind dabei kurzfristige und langfristige Lösungen zu erarbeiten. Zum Beispiel geht es kurzfristig zusätzlich zu den bekannten Schutzmaßnahmen darum, wie Arbeitsprozesse und Arbeitsplätze angepasst  werden könnten, um die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter sicherzustellen. Auch unsere Zulieferer können Dinge neu organisieren und  beispielsweise die Arbeitsplätze in der Fertigung entsprechend anpassen. So wie man den Bürobereich temporär ins Home-Office auslagern kann und wie die Händler die Werkstätten umorganisieren, so gibt es auch im industriellen Betrieb viele Möglichkeiten, sich an die Covid-19 Situation anzupassen. 

 

AGRARTECHNIK: Es kommen ja bestimmt Fragen der Vertriebspartner, wann bestellte Maschinen ausgeliefert werden können. Welche Auskünfte können Sie geben? Welche Lieferzeiten stehen da im Raum?

Torsten Dehner: Ja, auch hier kommt es auf eine enge Kommunikation an um genau zu wissen, wie sieht der derzeitige Maschinenbestand aus. Es gibt ja Bestände in den Werken und bei unseren Vertriebspartnern. Wir planen gemeinsam mit unserem Materialwirtschaftsteam das Hochlaufen der Produktion, wenn die Kette der Zulieferer wieder steht. Dann wissen wir auch, welche Maschinen wir wann wieder fertigen können. Diese Informationen werden mit Online-Tools transparent dargestellt. Wir hören unseren Vertriebspartnern zu und unterstützen sie bei ihren tagtäglichen Herausforderungen. Wir müssen in unseren Planungen verstehen, wie die Bedarfssituation bei unseren Endkunden ist. Da ist ein enger Austausch sehr wichtig. Nur so können wir gemeinsam Lösungen finden.

 

AGRARTECHNIK: Abschließende Frage, Herr Dehner: Man sagt ja gerne „Gegessen wird immer“ –  deshalb wird Landwirtschaft auch noch nach Corona betrieben. Glauben Sie, dass die Landtechnik eine Branche ist, die aus dieser Krise noch ganz unbeschadet herauskommen kann?

Torsten Dehner: Diese Aussage zur Ernährung ist elementar, da gebe ich Ihnen Recht. Die Landwirtschaft und damit auch die Landtechnik sind auch in Krisenzeiten relativ stabile Branchen und wichtiger denn je.  Aber unterschätzen werden wir das möglich Ausmaß keineswegs. Denn es kommt primär darauf an, wie lange sich das ganze hinzieht und wie wir jetzt als Weltbevölkerung, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft damit umgehen. Wir schauen trotz allem positiv nach vorne und konzentrieren all unsere Anstrengungen  darauf unseren Vertriebspartnern und Kunden die Unterstützung zu geben, die sie benötigen, um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen.  

 

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