Agravis PV-Anlage Nottuln  |  Die PV-Anlage auf dem eigenen Dach versorgt das Distributionszentrum in Nottuln mit Energie

Agravis macht sich unabhängig von der Energieversorgung und setzt so auch auf Nachhaltigkeit

Mehr Energie selbst produzieren – mit Sonne, Wind, Gülle und Mist. Das ist das Ziel der Agravis Raiffeisen AG. Mittel- bis langfristig wolle der Agrarhändler rund 80 Prozent des Energiebedarfs durch eigene Mittel abdecken, erklärt Vorstandsvorsitzender Dr. Dirk Köckler. Außerdem wolle man mit Gülle und Mist weitere Energie als Biogas für den Markt produzieren.

Ein Beispiel, wie dieses Konzept beim Bauen umgesetzt werden kann, hat das Unternehmen beim Neubau des Distributionszentrums im westfälischen Nottuln gegeben. Die 43.000 Quadratmeter große genossenschaftliche Stückgutlogistik-Drehscheibe wird CO2-neutral betrieben. Es wurde unter anderem eine Fußbodenheizung verbaut, auf die Dämmung geachtet, Photovoltaik installiert und das Dach begrünt.

Wirtschaftlichen Herausforderungen begegnen

„Das neue Distributionszentrum ist ein Meilenstein in unserer über 100-jährigen Geschichte – hier wird Zukunft sichtbar. In Zeiten von Nachhaltigkeit, Schutz der natürlichen Ressourcen und wirtschaftlichen Herausforderungen kommt es mehr denn je darauf an, das richtige Produkt in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, zur richtigen Zeit, an den richtigen Ort zu bringen, und das so nachhaltig und kostengünstig wie möglich“, so der Agravis-Vorstandschef.

Technik auf dem neusten Stand: Bei der Kommissionierung von Kleinteilen – vorwiegend aus dem Sortiment der Raiffeisen-Märkte – setzt der Agrarhändler auf die vollautomatisierte Autostore-Technologie. Aus rund 95.000 Behältern transportieren 38 Roboter die bestellten Waren zu den Arbeitsstationen. Ebenso wie die E-Gabelstapler, die im Distributionszentrum fahren, wird alles durch den eigenen Strom angetrieben. Eine PV-Anlage auf dem Dach mit einer Leistung von 3.743 kWp produziert die benötigte Energie. Darüber hinaus wurden weitere ökologisch wertvolle Maßnahmen umgesetzt, unter anderem großflächige Fassadenbegrünungen. Das Gebäude selbst erfüllt den Platinstandard der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen, teilt das Unternehmen mit.

Die Agravis liegt 2024 bei ihrem Umsatz auf Kurs und möchte ihre Planzahlen erreichen. - Copyright: Agravis
Das neue Distributionszentrum in Nottuln setzt neue Maßstäbe, auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit – Copyright: Agravis

Pragmatismus, Kreativität und Macher-Geist treiben den Konzern nach eigenen Angaben aber auch bei anderen Projekten an: „Wir haben an und auf unseren großen ostdeutschen Standorten bereits über 30 MWp Photovoltaik in Nutzung – also rund 130.000 Quadratmeter. Im nächsten Schritt planen wir auch in Windanlagen. Unser Ziel ist es, an unseren großen Standorten auch über Windenergie weitere Energie zu erzeugen – für den Eigenverbrauch, aber auch, um die Energie ins Netz zu geben.“ Erste konkrete Pläne werden nun angegangen. „Die Entscheidung ist im Unternehmen gefallen – jetzt wollen wir auch zügig die Weichen für eine Umsetzung stellen und hoffen auf die angekündigte unkomplizierte Begleitung durch die Behörden.“

Biogas als Teil der Strategie

Auch bei der Biogas-Energiegewinnung aus Gülle und Mist sieht man sich vorne dabei. Als Hauptgesellschafter der TerraSol Wirtschaftsdünger GmbH in Dorsten produziert die Agravis schon seit einigen Jahren Biomethan für den Kraftstoff- und EEG-Markt. Sie ist ebenfalls an der Bioenergie Velen GmbH beteiligt. Dort soll die Biomethan-Produktion in den ersten Monaten des kommenden Jahres anlaufen. Für beide Anlagen zusammen wird dann eine Jahresleistung von bis zu 200 GWh erwartet. Nachhaltiges Biomethan speziell aus Gülle und Mist gilt als sogenannter fortschrittlicher Biokraftstoff und kann als komprimiertes Bio-CNG oder verflüssigtes Bio-LNG eingesetzt werden.

Diese Kraftstoffe können wirksam zur Dekarbonisierung insbesondere des Schwerlastverkehrs beitragen. Gemeinsam mit Partnern wurden bisher vier LNG-Tankpunkte realisiert. Im Bereich CNG wird die Infrastruktur ebenfalls ausgebaut. An der Raiffeisen-Tankstelle in Münster wird bis zum Frühjahr 2025 eine zweite Verdichterstation errichtet, die dann eine CNG-Betankung der Lkw erheblich optimiert. Nach der Inbetriebnahme plant Agravis eine Kooperation mit einem regionalen Entsorgungsunternehmen, das seinen Lkw-Fuhrpark auf CNG umstellen will.

Dr. Dirk Köckler_AGRAVIS
Vorstandsvorsitzender Dr. Dick Köckler – Copyright: Agravis

„Unsere Biomethan-Aktivitäten haben wir in den vergangenen Monaten in unserer Unternehmenseinheit ,Neue Energie‘ deutlich ausgeweitet und können inzwischen die gesamte Wertschöpfungskette bedienen“, erklärt Dr. Köckler den passenden Mosaikstein. „Dieses 360-Grad-Portfolio beginnt mit dem Stoffstrommanagement für landwirtschaftliche Reststoffe wie Gülle und Mist sowie nachwachsende Rohstoffe, geht über die Produktion bis hin zum Handel mit Biomethan. Wir handeln Biomethan in den unterschiedlichen Qualitäten und Beschaffenheiten für alle Absatzmärkte – Kraftstoff, Wärme und Strom. Als landwirtschaftliches Handelsunternehmen stehen wir im direkten Kontakt zu den Produzenten und können so eine zuverlässige Versorgung sicherstellen. Auch das ist Teil der Lösung – Teil der Energiewende.“ 

Apell für politische Weichenstellung

Doch politisch sieht man in Münster Aufholbedarf: „Damit Biomethan und Biogas ihr volles Potenzial entfalten können, braucht es ein klares Bekenntnis der Politik zum Weiterbetrieb der bestehenden Biogas-Anlagen. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die aktuelle Entschließung des Bundesrates auf Initiative des Landes Niedersachsen. Die Länder fordern den Bund auf, die bestehenden Ausschreibungsmodalitäten für Anlagenbetreiber anzupassen, um einen großen Wegfall der Produktionsleistung heutiger Bestandsanlagen zu verhindern“, so Dr. Köckler.

Unter anderem sei es erforderlich das Ausschreibungsvolumen für Biomasse erheblich auszuweiten, die Flexibilisierung der Anlagen im Sinne einer bedarfsgerechten Energieproduktion entsprechend zu fördern und die Kraftwerksstrategie des Bundes für Biogas zu öffnen, damit bestehende Anlagen nach Auslaufen der EEG-Vergütung eine Zukunft hätten. „Hier ist die Politik bisher zu kurz gesprungen – wir vergeben uns hier Chancen für die Energiewende, aber auch für die Landwirtschaft und einen funktionierenden ländlichen Raum“, stellt der Agravis-Chef klar. 

Die Nutzung der erneuerbaren Energien und eine Steigerung der Selbstversorgung mit Energie sollen für den Agrarhändler zur Energiewende beitragen und außerdem ein entscheidender Schritt zur Erreichung der eigenen Klimaziele sein. Die Agravis hat sich selbst das Ziel gesetzt, ihre CO2-Emissionen im ersten Schritt bis 2023 auf 51,1 Millionen Kilogramm zu reduzieren. Diese Marke wurde nach eigenen Angaben auch erreicht. Jetzt gelte es, sich weiteren Herausforderungen zu stellen. Das neue Ziel sei eine Reduktion bis 2027 auf 38 Millionen Kilogramm.

Und auch weiteres Zahlenmaterial zeigt, dass sich die Bestrebungen positiv auswirken. Die Analyse der absoluten Energieverbräuche zeige eine insgesamt positive Entwicklung, vor allem beim Stromverbrauch. Im Jahr 2022 wurden noch 80.036 MWh Strom verbraucht, 2023 sank er auf 77.775 MWh. Die Zahlen aus dem vergangenen Jahr werden mit dem Geschäftsbericht im April 2025 veröffentlicht.

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