Energie aus Weinbau-Biomasse – ein warmes Einfamilienhaus pro Winzerei
Mit der energetisch ungenutzten Biomasse wie Trester und Rebholz könnten Weinbaubetriebe jeweils mehr als ein Einfamilienhaus mit Energie versorgen. Außerdem könnten sich die Winzereien unabhängig von Energieimporten und Strombezug aus dem Netz machen und die verbleibende Asche als Dünger im Weinberg einsetzen. Das erklärt die TH Köln.
Können Reststoffe wie Trester und Rebholz verwertet werden, um Wärme und Kälte für die Weinbauwirtschaft zu erzeugen und so fossile Energieträger zu ersetzen? Das hat die TH Köln in ihrem „Projekt EWB – Energie aus Weinbaubiomasse“ wurde unter der Leitung von Thomas Mockenhaupt vom Cologne Institute for Renewable Energy der TH Köln untersucht. „In der deutschen Weinbauwirtschaft werden überwiegend konventionelle Brennstoffe wie Erdgas und Heizöl eingesetzt, um die technischen Anlagen zur Herstellung und Kühlung des Rebensaftes zu betreiben. Doch gerade in den Anbaugebieten fallen große Mengen organischer Reststoffe an, die Energie emissionsärmer bereitstellen könnten. Im Projekt haben wir eine Studie zum theoretischen und technischen Biomassepotenzial umgesetzt. Basierend auf diesen Erkenntnissen haben wir eine Umfrage durchgeführt, um eine valide Datengrundlage zu haben“, erklärt Projektleiter Thomas Mockenhaupt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cologne Institute for Renewable Energy der TH Köln.
Dazu befragten die Forschenden zunächst mehrere Weinbaubetriebe zu möglichen Hemmnissen bei der Umsetzung eines Anlagenkonzeptes zur energetischen Nutzung von Weinbau-Biomasse. Anschließend analysierte die Forschungsgruppe in zwei ausgewählten Winzereien die jährlich anfallenden Biomassemengen, die vorhandene technische Infrastruktur und den Energieverbrauch.
Um das energetische Potenzial für die beiden Weinbaubetriebe in der Praxis zu erproben, entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine etablierte Strohballenvergaser-Technologie weiter. In diesem Kleinballenbiomassevergaser werden Strohballen mit einem Durchmesser von 60 bis 70 Zentimetern in einer Kammer unter Sauerstoffmangel verglüht. In einer zweiten Kammer wird Luft zugeführt, in der das Gas verbrannt wird. Dabei entsteht Wärme, die über einen Wärmetauscher an die umgebenden Wasserrohre abgegeben wird. Ein Teil der anfallenden Wärme wird über eine Absorptionskälteanlage in Nutzkälte umgewandelt.
„Mit diesem Konzept zur Nutzung von Biomasseabfällen wie Rebholz und Trester anstelle konventioneller Brennstoffe wie Erdgas und Heizöl wäre es möglich, Energie für den spezifischen Bedarf der Weinbaubetriebe zu erzeugen, zum Beispiel zur Kühlung bei der Lagerung oder zur Nutzung von Wärme für die Erhaltung der Produktfeuchtigkeit“, erläutert Felipe Torres, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Projekt.
Berechnungsgrundlage der Forschenden
Um die Annahmen zu validieren, berechneten die Forschenden das Biomassepotenzial für die energetische Verwertung, unterteilt in Rebholz und Trester. Mit Hilfe einer Software wurde der Verbrennungsprozess mit unterschiedlichen Sauerstoff- und Biomasseanteilen simuliert. „Im Jahr 2020 gab es dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zufolge in Deutschland etwa 15.000 große Weinbaubetriebe. Bei der Produktion von rund neun Millionen Hektolitern Wein pro Jahr, so die Zahlen vom BMEL, bleiben unter anderem Trester, Rebholz und Abwässer als Reststoffe zurück. Pro Hektoliter Wein entstehen laut den beiden Weinbaubetrieben etwa 25 Kilogramm Trester; hochgerechnet ergibt dies pro Jahr etwa 230.000 Tonnen Trester mit einem energetischen Frischmassepotenzial von etwa 1.468 Terajoule (TJ). Rund 308.000 Tonnen Rebholz liefern ein weiteres jährliches Biomassepotenzial von 2.793 TJ. In Summe stehen also aus den Restbiomassen Trester und Rebholz insgesamt 4.261 TJ zur Verfügung“, berichtet Torres. Dies entspreche dem jährlichen Strom- und Wärmebedarf von mehr als 47.000 Einfamilienhäusern. „Das zeigt, welches enorme energetische Potenzial die vorhandenen Weinbaubiomassen haben. Denn mit der bislang energetisch ungenutzten Biomasse könnten die rund 43.000 Weinbaubetriebe jeweils mehr als ein Einfamilienhaus autark mit Energie versorgen“, erklärt Torres.
Geld und Regularien als Hindernisse
Neben Wärme und Kälte könnte über eine angeschlossene Heißgasturbine auch Strom erzeugt werden, um die Winzereien möglichst unabhängig von Energieimporten und Strombezug aus dem Netz zu machen. Zusätzlich könnte die verbleibende Asche als Dünger im Weinberg eingesetzt werden. „Die vollständige Verwertung der Reststoffe vor Ort wäre ein gelungenes Beispiel für die Kreislaufwirtschaft“, so Mockenhaupt abschließend.
Als Hindernisse bei der Umsetzung eines Anlagenkonzeptes zur energetischen Nutzung von Weinbau-Biomasse nannten die Betreiberinnen und Betreiber unter anderem die Rentabilität der Anlagen durch notwendige Investitionen sowie regulatorische Herausforderungen, insbesondere die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte für Staub und Kohlenstoff.
(Fotos: Thomas Mockenhaupt/TH Köln)
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